Wydanie/Ausgabe 131/04.04.2024

Die polnische Herrschaft über meine oberschlesische Hei­matstadt Groß-Strehlitz begann mit einem sehr verhei­ßungsvollen offiziellen Akt. Der polnische Landrat und der polnische Bürgermeister luden die Bürger von Groß-Strehlitz in die Pfarrkirche ein und verkündeten dann den in ihr zahlreich Versammelten das Ende der Angst und des Schreckens. Der Krieg sei zu Ende, niemand werde mehr verfolgt, niemand habe mehr etwas zu befürchten, denn die eigentlichen Kriegsverbrecher säßen ja im Westen oder seien gefangengenommen und sähen ihrer verdienten Strafe entgegen. Man solle doch den im Westen befindli­chen Familienangehörigen und den Oberschlesiern, die in der Wehrmacht gedient hatten, nahelegen, in die Heimat zurückzukehren, wo ihnen nichts Böses geschehen würde, wo sie vielmehr zum Wiederaufbau ihrer Heimat beitragen könnten. Glück und Wohlstand seien die Zi ele, die die neue Regierung Polens vor allem und für alle ansteuere.

Das herrliche Maiwetter des Jahres 1945, die festlich mit einem Meer frisch gepflückter Blumen geschmückte Kirche, die enthusiastisch vorgetragenen Worte der neuen Machthaber - all das bewirkte, daß man diesen Worten gerne Glauben schenken wollte. Für einen Oberschlesier, der im Dritten Reich auf gewachsen war, verlieh ja auch die in Polen übliche, aber für ihn ungewohnte Vermischung von Kirche und Politik diesen Reden noch eine größere Seriosität. Schließlich sprachen diese Leute vom Altar Gottes aus. In der Folgezeit gewöhnte man sich allerdings daran, daß alle politischen Festtage, Siegesfeiern etc. ihren feierlichen Anfang in der katholischen Pfarrkirche nah­men, daß anfänglich sogar die kommunistische Partei (in Polen Arbeiterpartei genannt) mit ihren atheistischen Führern und roten Fahnen bei solchen Feiern triumphal in die Kirche einmarschierte.

Aber die Wirklichkeit der folgenden Wochen, Monate und Jahre unterschied sich doch recht kräftig von den verheißungsvollen Akzenten, die der Landrat und der Bürgermeister in ihren Zukunftsprogrammen verbal ge­setzt hatten. Zweifellos waren die Aufgaben, die die polni­sche Verwaltung zu bewältigen hatte, nicht leicht. Da war zum Beispiel das Verhältnis zwischen den Einheimischen, von den Polen »autochtoni« (Autochthone, Eingeborene) genannt, und den aus dem früheren, jetzt zur UdSSR gehörigen Ostpolen Angesiedelten zu regeln. Die letzte­ren fühlten sich als Sieger und betrachteten die einheimi­schen Oberschlesier als »szwaby« (Schwaben, eine von den Polen gebrauchte verächtliche Bezeichnung der Deut­schen). Es blieb nicht bei diesem Überlegenheitsgefühl, vielmehr hatte dieses Gefühl erhebliche politische und sozioökonomische Konsequenzen. Gefiel beispielsweise einem polnischen Neuankömmling das Haus oder der Bauernhof eines Oberschlesiers, dann genügte in den er­sten Jahren der polnischen Verwaltung im allgemeinen eine simple, beweislose Denunziation, um den letzteren von Amts wegen auszusiedeln. Er wurde als »deutscher Chauvinist« und »fanatischer Nationalsozialist« innerhalb einer Stundenfrist, in der er das Allernotwendigste zusam­menpacken durfte, aus seinem Anwesen gejagt. So kam es, daß fast alle größeren Bauernhöfe und alle schönen Villen im Landkreis Groß-Strehlitz von Polen in Besitz genom­men wurden. Die Einheimischen waren weitgehend recht­los und bei Gerichtsverfahren von vornherein in der Posi­tion des Benachteiligten.

Als weiterer Benachteiligungsfaktor kam die Sprache hinzu. Wenn die Oberschlesier sich überhaupt auf polnisch verständigen konnten, so taten sie es mit Hilfe ihres oben schon kurz charakterisierten wasserpolnischen Dialekts, den die polnischen Behörden und Neusiedler wenig schätzten. Man war nur Bürger zweiter Kategorie, wenn man so sprach. Viele Polen schlossen von der mangelhaf­ten polnischen Sprache der Autochthonen auf eine ebenso mangelhafte Bildung und behandelten sie dementspre­chend hochmütig, obwohl umgekehrt viele Ostpolen den Oberschlesiern alles andere als zivilisiert vorkamen. Am meisten stießen sich die letzteren an dem Umstand, daß viele Polen ihre Kühe, Pferde und Ziegen mit in die Wohnungen nahmen, daß sie Fensterscheiben einfach her­ausbrachen, um die Rohre ihrer Öfen ins Freie zu führen, daß sie ihren Unrat kurzerhand vor der Haustür ausleer­ten, vorausgesetzt, daß sie ihre Wohnung überhaupt in Ordnung zu bringen versuchten, daß sie ganze Waldgebie­te abholzten, um ihre Häuser zu heizen.

Das Problem, das mit diesem Hinweis auf gewisse Un­terschiede zwischen Autochthonen und polnischen Neu­ankömmlingen lediglich angeschnitten wird und das die polnische Verwaltung bis heute nicht recht in den Griff bekommen hat, war und ist im Grunde ein außerordentlich bedeutsames kulturgeschichtliches Problem. Es kam nach 1945 in Schlesien zu einer Konfrontation zwischen zwei verschiedenen Kulturen, als das nach der Abstim­mung von 1923 von den Siegermächten des Ersten Welt­kriegs Polen zugeschlagene Ostoberschlesien. Davor aber hatte das ganze Schlesien, also mit Einschluß Ostober­schlesiens, schon seit Jahrhunderten nicht zu Polen gehört. Seit dem 14. Jahrhundert, als der polnische König auf Schlesien verzichtete, war Schlesien Bestandteil des Deut­schen Reiches. Danach fiel es 1526 an die Habsburger und im 18. Jahrhundert nach den drei Schlesischen Kriegen zwischen Maria Theresia und Friedrich II. von Preußen an das letztere. Nach der Proklamation des Deutschen Kai­serreiches war es wiederum zusammen mit Preußen inte­graler Bestandteil des Deutschen Reiches. Demgegenüber befand sich Ostpolen immer im Einflußgebiet russischer Kultur und stand auch nach den Polnischen Teilungen von 1772, 1793 und 1795 fast 150 Jahre lang unter russischer Herrschaft. Es mußte also zwangsläufig zu Kollisionen kommen, als nach dem Zweiten Weltkrieg zwei andersar­tige Kulturen auf dem Terrain Schlesiens aufeinander­stießen.

Kollisionen gab es allenthalben. Sie reichten sogar in den Innenraum der katholischen Geistlichkeit hinein. Das Attribut des weltumspannend Katholischen oder das Postulat der christlichen Nächstenliebe nützte da gar nichts. Der Haß zwischen autochthoner und polnischer Geistlichkeit war abgrundtief. Für die sich in Oberschle­sien ansiedelnde polnische Geistlichkeit galt im allgemei­nen jeder schlesische Priester als »szwab«. Dabei hatte manch schlesischer Priester vor 1945 sich als Pole gefühlt. Er wurde nach 1945 radikal zum Deutschtum bekehrt. Die materielle Gier machte auch vor der Geistlichkeit nicht halt. Es kam vor, daß schlesische Pfarrer nur deshalb als angebliche deutsche Nationalisten ausgesiedelt wurden, weil polnischen Priestern ihr schönes Pfarrhaus und das reiche Repertoire an zur Pfarrei gehörigen Feldern, Wäl­dern und Fischteichen zusagten. Der Haß zwischen autochthoner und polnischer Geistlichkeit beschränkte sich auch keineswegs bloß auf die Ebene der Pfarrer und Kapläne. Die vom polnischen Primas Wyszynski für die früheren deutschen Ostgebiete eingesetzten Quasi-Bischöfe, die in der kirchlichen Amtssprache »apostolische Administratoren« hießen, bevorzugten vor allem in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ganz offen­sichtlich die polnischen Pfarrer und Kapläne. Der erste, der in dieser Hinsicht eine Umkehr vollzog, war der apostolische Administrator der nach dem Krieg neugebil­deten Oppelner Diözese, Boleslaus Kominek, der spätere Erzbischof und Kardinal von Breslau. Auch er hatte zu­nächst einen recht fanatisch-nationalistischen Ton gegen­über dem autochthonen Klerus angeschlagen, doch merk­te dieser hervorragende Organisator und kluge Diplomat als erster, daß mit dem angesiedelten polnischen Klerus kaum eine kirchliche Ordnung in den durch Krieg und russisch-polnische Besatzung vom Chaos gezeichneten früher deutschen Ostgebieten zu etablieren war. Er stützte sich in der Folgezeit mehr auf den auch theologisch höher­gebildeten oberschlesischen Klerus, der sein Theologie­studium vor und während des Krieges an der Universität Breslau absolviert hatte. Es war andererseits ganz natür­lich, daß der polnische Klerus durch russische und deut­sche Okkupation sowie Entwurzelung aus der angestamm­ten Heimat und Umsiedlung an moralischer Integrität eingebüßt hatte.

Der erste apostolische Administrator der neugebildeten Diözese Breslau (vor 1945 hatte auch die neugegründete Diözese Oppeln zur Erzdiözese Breslau gehört), Monsignore Milik, machte die Kehrtwendung Komineks nicht mit, er verfuhr weiter rigoros mit der autochthonen Geist­lichkeit, siedelte sie praktisch nach Belieben aus und be­vorzugte bei Neubesetzungen die frisch angesiedelten pol­nischen Pfarrer und Kapläne. Er wollte die Repolonisierung Schlesiens möglichst gründlich und schnell vorantrei­ben und konnte deshalb keinen gut deutsch, polnisch bestenfalls sehr unzulänglich sprechenden Klerus in den Pfarreien seines kirchlichen Verwaltungsgebietes brau­chen.

Ein interessantes Opfer dieser kirchenpolitischen Stra­tegie Miliks wurde der spätere Regens des Oppelner Prie­sterseminars, Jan Tomaszewski. Er gehörte zu den aus Ostpolen angesiedelten Priestern. Als er sich bei Msgr. Milik meldete, um im pastoralen Dienst eingesetzt zu werden, befahl der ihm, eine Pfarre in der Nähe von Jelenia Góra (Hirschberg) zu übernehmen. Er begab sich dorthin, stellte aber fest, daß in der dortigen Pfarre ein schlesischer Priester bereits residierte, in ihr seit über zehn Jahren installiert war und ein sehr gutes Verhältnis zu seinen ebenfalls nicht in den Westen geflüchteten schlesi­schen Pfarrkindern hatte. In der Annahme, daß der apostolische Administrator irrtümlich von der Vakanz dieser Pfarrstelle ausgegangen sein müsse, kehrte also Tomaszewski nach Breslau zurück und bat Kirchenfürst Milik um eine andere Seelsorgestelle. Der aber befahl ihm mit schneidender Kälte in der Stimme, den »germański ksiądz« (pejorative polnische Ausdrucksweise für deut­sche Priester) unter Zuhilfenahme der staatlichen Behör­de am Ort auszusiedeln und dann die so freigewordene Pfarrei zu übernehmen. Als sich Priester Tomaszewski weigerte, wurde er suspendiert! Eine andere Seelsorge­stelle wurde ihm nicht gegeben. Er ging dann nach Oppeln zum apostolischen Administrator Kominek, der sich mit Erfolg für die Aufhebung der Suspension einsetzte und ihn später zum ersten Regens des neueröffneten Oppelner Priesterseminars ernannte, nachdem er sich von seinen intellektuellen und charakterlichen Qualitäten überzeugt hatte. Daß Tomaszewski tatsächlich ein ausgezeichneter Mann war, davon konnte ich mich einige Jahre später, als ich ins Priesterseminar der Oppelner Diözese eintrat, selbst überzeugen. Wenn ich heute auf die fünf hinter mir liegenden Jahrzehnte meines Lebens zurückblicke, muß ich sogar sagen: Er war der beste Priester, der mir begeg­net ist, ein Mensch von entwaffnender Güte, befreiender Weite und Toleranz, und ein solcher findet sich unter der Soutane doch sehr selten.

Kommen wir jedoch noch einmal auf die Verhältnisse im katholischen Klerus Schlesiens nach 1945 zurück. Die Schuld für die Zerwürfnisse zwischen polnischer und autochthoner Geistlichkeit lag keineswegs allein bei der ersteren. In Dekanaten, in denen die Mehrheit der Pfarrer Schlesier waren, wurden die wenigen polnischen Priester als intellektuell und kulturell inferiore, zweite Kategorie behandelt. So kam es, daß die aus ihrer ostpolnischen Heimat Gestoßenen, in der neuen, ihnen zugewiesenen Heimat keine Wurzeln schlagen könnenden Priester gar nicht so selten gemeinsame Sache mit dem UB (Urząd Bezpieczeństwa, wörtlich: Amt für Sicherheit, der Sache nach, der polnische Staatssicherheitsdienst) machten. War doch der UB brennend daran interessiert zu erfahren, worüber die in der schlesischen Bevölkerung den Ton angebende einheimische Geistlichkeit sprach, wo ihre Sympathien lagen, wie sie sich politisch orientierte, wie sie zum Kommunismus stand, ob sie die Menschen in den Pfarreien zur Loyalität dem neuen polnischen Staat gegen­über anhielt usw. Mitunter genügte dem UB aber auch schon der Hinweis, daß in den Zirkeln der schlesischen Pfarrer deutsch gesprochen wurde (was tatsächlich grund­sätzlich dann der Fall war, wenn sie unter sich waren), um den einen oder anderen vorzuladen und in quälenden Verhören auszuquetschen.

Auch in dieser Hinsicht möchte ich allerdings die Schuld nicht einseitig verteilen. Je mehr nämlich der UB merkte, daß die Zirkel der einheimischen Seelsorger sich ziemlich hermetisch vor den zugereisten Klerikern abriegelten, um so mehr bemühte er sich, innerhalb der ersteren selbst Spitzel zu gewinnen, um auf diesem Weg Informationen zu erlangen. Das war mitunter leichter zu erreichen, als man zunächst annehmen möchte. Der Druck auf die schlesische Geistlichkeit seitens der neuen staatlichen Obrigkeit über­haupt und des UB im besonderen war ja doppelt so groß wie der auf die polnische Geistlichkeit ausgeübte, denn die letztere wurde wenigstens wegen ihrer Nationalität nicht verdächtigt. Die erstere aber stand immer schon von vorn­herein im Verdacht, sowohl nicht polnisch als auch nicht prokommunistisch gesinnt zu sein. Starkerund permanen­ter Druck aber erzeugt in labilen, ängstlichen und schwa­chen Naturen stets ein diesem Druck entsprechendes Ver­halten. Außerdem waren manche schlesischen Priester durch das Wohlleben in ihren meist sehr begüterten Pfar­reien verweichlicht. Selbst im Krieg hatten sie nie Mangel gelitten, weil ihnen die frommen Schlesier Lebensmittel in Hülle und Fülle zutrugen und es vorzogen, lieber selber zu darben als ihre geistlichen Führer hungern zu sehen. Auch ist es einfach Brauch in Schlesien, daß viele Familien anläßlich der von ihnen gefeierten Feste einen beträchtlichen Teil der Produkte ihrer Koch- und Backkünste ins Pfarrhaus bringen. Mir selbst begegnete bei einer meiner zahlreichen Betteltouren in der Hungerphase des Jahres 1945 ein Priester mittleren Alters in der behaglichen Wohnküche eines Großbauern, der mir trotz flehentlicher Bitten nicht einmal ein Stück Brot zu geben bereit war. Der Tisch aber, an dem der Priester saß, bog sich geradezu unter der Last der Würste und des Fleisches, die darauf ausgebreitet lagen. Der ganz mit dem Essen beschäftigte Geistliche mußte wohl doch meinen neidischen Blick mit­bekommen haben. Denn er sagte zu mir: »Weißt du, ich muß so fett essen, weil ich lungenkrank bin.« Aber auch er gab mir nichts. Allerdings war ich auch nicht lungenkrank. Doch wäre es falsch, das Verhalten dieses Priesters zu verallgemeinern. So mancher Kleriker hätte in derselben Situation humaner gehandelt. Aber die Tatsache, daß besonders der oberschlesische Priester in seiner Pfarrgemeinde von den Gläubigen wie ein König behandelt wird, fördert selbstverständlich den klerikalen Egoismus. Oft kann er sich echte Not nicht einmal vorstellen.

So war es kein Wunder, daß sich gar nicht so wenige schlesische Priester trotz konträrer Gesinnung ziemlich widerstandslos für die Ziele der neuen kommunistischen Regierung einspannen ließen. Ihr politisches Engagement war zwar oft nur von eher harmloser Art, etwa wenn sie sich nicht weigerten, zu Hunderten in Lastwagen verladen und nach Oppeln oder Breslau gebracht zu werden, um dort durch die Straßen zu marschieren und mit Transpa­renten und Sprechchören gegen die revisionistische ameri­kanische oder westdeutsche Politik zu protestieren. Bis zum Jahr 1958, in dem ich in die Bundesrepublik übersie­delte, habe ich zahlreiche Umzüge dieser Sorte gesehen, jedoch nie an ihnen teilgenommen, obwohl ich seit 1953 ebenfalls katholischer Priester war. Es gehörte also gar nicht viel Mut dazu, die Teilnahme zu verweigern. Man mußte allerdings bereit sein, Nachteile in Kauf zu nehmen, etwa den, daß man keine gehobene kirchliche Position oder keine lukrative und verkehrsgünstig gelegene Pfarrei bzw. Kaplanstelle bekam. Denn es gab ein Dekret des polnischen Staates, wonach die »Besetzung kirchlicher Stellen« durch den Bischof bzw. apostolischen Admini­strator erst rechtskräftig werden konnte, wenn die staatli­che Behörde ihr Plazet dazu erteilte. Und dieses verwei­gerte sie jedesmal dann, wenn einer der Geistlichen gegen den »sozialistischen Aufbau«, die »Loyalität dem Staat gegenüber« usw. verstoßen hatte. Die angeführten Begrif­fe wurden fast immer so weit gefaßt, daß jedes den staatli­chen Behörden nicht passende Verhalten darunter fiel. Das erwähnte Dekret, von dem auch noch später einige Male die Rede sein wird, erwies sich als äußerst fruchtba­res Werkzeug in der Hand der kommunistischen Machtha­ber. Denn manche Priester überboten sich geradezu in auffälligem, staatskonformem Verhalten und waren sogar bereit, Spitzeldienste gegen ihre geistlichen Mitbrüder zu leisten, wenn das nur ihrer Karriere diente. Und die politi­sche Behörde erwies sich stets dankbar! Erst im Jahr 1956, als das »politische Tauwetter« in der Sowjetunion nach dem Tode Stalins auch Polen voll erreichte, wurde obiges Dekret auf Verlangen des aus polnischer Staatshaft entlas­senen Kardinals Wyszynski aus dem Verkehr gezogen. Jetzt rächte sich die Kirche, soweit das in ihrer Macht stand, an den staatsservilen Geistlichen. Und sie brauchte die Korrupten nicht lange zu suchen, denn keine der neubesetzten guten kirchlichen Positionen konnte vorher ohne das massive Wohlwollen der staatlichen Ämter für religiöse Angelegenheiten übernommen werden.