Wydanie/Ausgabe 131/04.04.2024

Jedesmal wenn ich in der alten Heimat Schlesien verweile, besuche ich verschiedene Orte und Bekannte, um wieder in den Genuss zu kommen, die Luft aus alten Zeiten zu schnuppern. Diesmal habe ich Herrn Jancza besucht, der in der Gegend von Bielitz-Biala, genauer gesagt im Dorf Alzen wohnt, das bis 1920 zum Deutschem Reich gehörte. Herr Jancza ist ein nicht ganz junger Schlesier und hat verschiedene Sorgen, aber von der größten die auf ihm lastete, konnte er sich mit viel Zähigkeit befreien.

Seinen Vater hatte man im Frühjahr 1945, bald nach Kriegsende durch die polnische Geheimpolizei ohne jede Begründung abgeholt und im ehemaligen KZ Auschwitz-Birkenau mit vielen anderen aus der Gegend von Bielitz-Biala eingesperrt. Die Familie sah ihn nicht mehr wieder. Nach einigen Tagen kam die kurze Benachrichtigung, dass er im Lager am 9. November 1945 an Herzversagen verstorben sei. Ein kerngesunder Mann, der nie einen Arzt besucht hatte, starb nach ein paar Tagen im Lager Auschwitz-Birkenau und das nach dem Kriege?

Solche traurige Informationen erhielten mehrere Familien aus dem Dorf. Keiner wurde der Leichnam zu Bestattung überlassen. Die Toten hat man in der Nähe des Lagers verscharrt, aber bis heute kennt man die Stelle nicht.

Mein Bekannter hat vor über 50 Jahren, genau im Oktober 1961, das Museum in Auschwitz angeschrieben, von dem er am 23. Oktober 1961 eine schriftliche Information erhielt, dass man keine Anhaltspunkte habe, dass ein Josef Jancza nach dem Krieg im Auschwitz einsaß. Vor 23 Jahren begann Herr Jancza an verschiedene polnische Ämter zu schreiben mit der Bitte, dass man ihm erlauben möge, eine kleine Gedenktafel für seinen Vater und andere dort Verstorbene auf dem Lagergelände anzubringen. Auf seine Briefe wurde nicht reagiert, bis eines Tages im August 1991 nach Jahren die erste Antwort und später Absagen kamen. Jetzt meldete er sich bei verschiedenen Würdenträgern, da er der Meinung war, dass bei seinem persönlichen Erscheinen vielleicht sein Anliegen schneller bearbeitet würde. Herr Jancza schrieb an den Bürgermeister von Auschwitz, den Wojewoden (Landrat) vom Kattowitzer Schlesien, an das IPN (Institut für Nationales Gedenken), den Regieruns- sprecher für Menschenrechte, an das Justizministerium, an den polnischen Kultusminister, den Premierminister wie auch an den Präsidenten! Es kamen ausweichende Antworten, die zeigten, dass man über andere Bitten hätte reden können aber nicht über diese.

Das Museum Auschwitz-Birkenau informierte am 21. April 2001 Herrn Jancza schriftlich: „.. wir informieren höflich, dass gemäss dem Gesetz über die Einrichtung des Museums und dem verbindlichen Statut das Terrain des gewesenen Lagers ein Ort des Gedenkens an die Opfer des deutschen Todeslagers Auschwitz-Birkenau ist. Die Tatsache, dass gewisse Baracken des Lagers, nach dem Januar 1945 vorübergehend vom NKWD (russische Geheimpolizei) und vom polnischen Ministerium für Öffentliche Sicherheit als Internierungsorte für deutsche Kriegsgefangene und Zivilpersonen benutzt wurden, hat uns schon immer mit großer Trauer erfüllt. Wir sehen jedoch keine Möglichkeit, diese Tatsache durch die Einrichtung eines Denkmals zu dokumentieren.

Das ehemalige Lager Auschwitz ist für die ganze Welt das Symbol für den Holocaust und den Völkermord und wurde als solches 1979 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Daher sehen wir keine Möglichkeit, auf dem Gelände des Museums das Gedenken an die Ereignisse nach der Befreiung des Lagers zu dokumentieren.“

Im Jahre 2002 erschien ein Artikel in der Kattowitzer Zeitung „Dziennik Zachodni“ mit dem Kommentar: „Wir können es nicht erlauben eine solche Tafel aufzuhängen, denn das Ausland würde daraus schließen, dass wir in Auschwitz-Birkenau ebenfalls Menschen getötet haben.“ Auch das Museum in Auschwitz-Birkenau sprach sich dagegen aus.

Der Staatspräsident (Bürgermeister) von Oswiecim/Auschwitz schrieb am 30. Juli 2002 an Herrn Jancza unter anderem, dass es: „Die Möglichkeit nicht gibt, auf dem Gelände des Museums der Ereignisse zu gedenken, die nach der Befreiung des Lagers stattgefunden haben. Indem ich mit Ihrem Verständnis rechne, drücke ich meine Wertschätzung aus“.

Auch mit meiner bescheidenen Hilfe kam Bewegung in die Sache, da ich in der von mir geführten zweisprachigen Zeitung www.silesia-schlesien.com mehrere Male über den Fall: Nachkriegslager Auschwitz und andere Lager für Deutsche in Polen schrieb. Ich lieferte den Verantwortlichen aus den Auschwitzer Museums Namen und Zahlen der Inhaftierten und dort Umgekommenen. Allein aus dem Dorf Alzen starben und wurden ermordet 41 Menschen in Auschwitz-Birkenau und weitere 14 Personen in anderen polnischen Lagern. Polnische Behörden waren so erbost wegen meinen veröffentlichten Informationen über die polnischen Nachkriegs-Konzentrationslager, dass man mich dreimal vor die Staatsanwaltschaft in Bielitz-Biala lud. Die Anklage lautete, dass ich die polnische Nation verunglimpft habe. In den Zeitungen und im Fernsehen fand eine Hetzjagd auf meine Person statt. Ich liess mich nicht einschüchtern, setzte meine Untersuchungen fort und legte dem Staatsanwalt entsprechende Dokumente vor, die die Wahrheit meiner Aussage bewiesen. Der Staatsanwalt wandte sich an das IPN um eine Angabe und bekam die Antwort, dass man den Namen Arbeitslager mit dem Namen Konzentrationslager assoziieren könne. Daraufhin wurde ich von der Anklage der Verunglimpfung frei gesprochen. Nach all diesen Turbulenzen erfolgten die ersten positiven Schritte, um das Anliegen von Herrn Jancza auf den Weg zu bringen.

Nach langer Korrespondenz mit dem Museum Auschwitz-Birkenau wurde zugegeben, dass nach Kriegsende im Lager Verbrechen an Deutschen verübt wurden. Weitere Briefe, Diskussionen und diverse Treffen brachten die Angelegenheit so weit, dass man im Mai 2011 eine dreisprachige Tafel anbrachte. Trotzdem sind die meisten mit der Aufschrift unzufrieden, weil sie nichts Konkretes aussagt. Die Toten werden verschwiegen und die polnische Schuld nicht ausgesprochen. Der Satz: „Zum Andenken an die unschuldigen Opfer der Kommunistischen Zwangsarbeitslager ... in den Jahren 1945-1946“ sagt nicht viel, obwohl das für die Familien schon einen erster Sieg bedeutete. Jetzt wollen sie um die Änderung der Aufschrift kämpfen.

 

 

Die Angelegenheit rund um das Nachkriegslager Auschwitz und den dort verblichenen Personen wird von Zeit zu Zeit in der polnischen Presse behandelt, doch die Verantwortlichen, welche der Sache ein Ende bereiten könnten – schweigen. Obwohl aus dem Ministerium für Kultur und Nationales Erbe ein Schreiben mit dem Datum 12. April 2007 ankam, in dem man u.a. lesen kann: „...das Lager Auschwitz-Birkenau funktionierte von Februar 1945 bis April 1946, eigentlich bis April 1947. Wurde eröffnet durch die Kreisbehörde des Amtes für Sicherheit in Biala, in Strukturen des Ministeriums für öffentliche Sicherheit und war dem Zentralarbeitslager in Jaworzno untergeordnet. Im Lager wurden nicht nur Oberschlesier oder Bewohner der Niederbeskiden deutscher Herkunft festgehalten, sondern auch Polen, Deutsche, Österreicher und Volksdeutsche.“Weiter lesen wir: „In dieser Situation sollte das Konzept des Gedenkens an die Opfer des Arbeitslagers in Auschwitz gut durchdacht werden. Denn unabhängig von dem Leid der Häftlinge des Arbeitslagers 1945 – 1947, ist Auschwitz ein ewiges Symbol für den durch Hitlers III. Reich verübten Völkermord. Wir möchten auch hinzufügen, das eine dem üblichen Standard entsprechende Gedenktafel für die Vorfälle in Auschwitz nach 1944 nicht nur die Opfer deutscher Herkunft ehren sollte, sondern alle welche im Auschwitzer Arbeitslager gefangen waren.

Der mit dieser Angelegenheit konfrontierte Rat zum Schutz des Gedenkens an Kampf und Martyrium hat sich skeptisch zu einer positiven Beurteilung dieser Angelegenheit ausgesprochen.“

Ich untersuche seit einigen Jahren und will mit wissenschaftlichen Methoden Festellen, wie viel Lager in Polen nach dem Kriege vorhanden waren. Bis heute habe ich 1331 festgestellt.

Im Auschwitz kamen ums Leben 25 Männer und 16 Frauen, darunter ein 16 jähriges Mädchen - Maria Olma. Weitere 13 Männer und eine Frau starben in den Lagern Jaworzno und Myslowitz (E. S. Pollok - Unsinn über Auschwitz in www.silesia-schlesien.com)

Im Auschwitz waren drei Lager, zwei für Kriegsgefangene, führt von der NKWD und ein Lager für zivile Personen, für das die polnische Sicherheits-Polizei (SB) zuständig war. (Z. Wozniczka - Polski oboz Koncentracyjny w Oswiecimiu, E.S. Pollok, Slaskie tragedie). Aus den drei Lagern hat man in elf Zügen 18.400 Kriegsgefangene und 3.800 zivile Personen nach Russland verschleppt. Im Lager Jaworzno starben über 20.000 Internierte. In der Zeit vom 1. Mai bis 27. Juli 1947 wurden über den Bahnhof Oswiecim/Auschwitz 269 Züge mit verschiedenen Häftlingen aus Auschwitz und anderen Orten geleitet.