Wydanie/Ausgabe 131/04.04.2024

Die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ schrieb: „Änderungen in den Geschichtsbüchern? Im Konzentrationslager Majdanek ermordeten die Nazis 78.000 Personen – stellte der Lubliner Wissenschaftler Tomasz Kranz fest. Das ist ein Bruchteil der Schätzungen, welche bisher funktionierten.“

Bisher wurden zwei Opferzahlen für Majdanek angegeben: 360.000 Opfer gibt die „Encyklopedia Holokaustu”, „Britanica, polnische Ausgabe oder die „Nowa Encyklopedia Powszechna PWN” an – alle in Anlehnung an eine Veröffentlichung aus dem Jahre 1948 des Vorsitzenden Richters der Kommission zur Untersuchung der Hitlerverbrechen in Polen, Zdzisław Łukasiewicz.

Die zweite Anzahl – 235.000 Opfer, stammt aus einem Artikel (1992) von Dr. Czeslaw Rajca, z.Zt. pensionierter Mitarbeiter des Museums. Diese Anzahl wird auch von der Internetz-Wikipedia und der Ausstellung des Museums in Majdanek angegeben.

Czeslaw Rajcza: - „Diese Anzahl übernahm ich auf der Grundlage von Historikerarbeiten, welche 1991 in der Monografie des Museums Majdanek veröffentlicht wurden. Doch die Historiker hatten nicht zu allen Quellen Zugang, so z.B. den in Deutschland. Ich selbst habe die Quellen des Museumsarchivs auch nicht genutzt, weil sie nicht vollständig sind. So lange aber die Daten nicht im Rechner erfaßt werden, so lange ist auch eine Analyse der Sterblichkeitsraten in Majdanek unmöglich.

Er betont: Den Artikel von Tomasz Kranz habe ich noch nicht gelesen, doch scheint die durch ihn ermittelte Anzahl der im Lager Ermordeten unglaublich niedrig.

Nach Tomasz Kranz, dem Leiter der wissenschaftlichen Abteilung des Staatlichen Museums in Majdanek, starben im Lager ungefähr 59.000 Juden und 19.000 Bürger anderer Nationalitäten, hauptsächlich Polen und Weißrussen. Seine Arbeiten hat Kranz in den neuesten „Majdanek Heften“ („Zeszytach Majdanka”) veröffentlicht.

Wie Kranz behauptet, hat er alle erreichbaren Quellen untersucht, so z.B. erhaltene Teile der Lagersterbebücher, die Sterberegister, Todesbenachrichtigungen, welche die Nazis an Kirchengemeinden in Lublin verschickt haben, die Aussagen der SS-Männer während des Prozesses in Düsseldorf in den 70er und 80er Jahren, wie auch Berichte ehemaliger Gefangener.

Bevor dieser Text gedruckt wurde, hat ihn der größte Teil der Museumsmitarbeiter gelesen und er war das Thema einer speziell dafür einberufenen Versammlung. Niemand hat Beanstandungen geäußert.

Die Feststellungen sind sehr seriös – meint Prof. Zygmunt Mańkowski, der Ratsvorsitzende des Museums Majdanek.

Edward Balawejder, der Museumsdirektor wies die durch das ehemalige Lager führenden Personen an, die Besucher über die neuen Zahlen zu informieren wie auch über die gleichzeitig noch andauernden Untersuchungen zur Klärung der Frage der globalen Häftlingsanzahl dieses Lagers. 78.000 Verstorbener oder Ermordeter während nicht ganzer drei Jahre – das ist ein riesiges Verbrechen. Nicht nur im Vergleich zu anderen Lagern, z.B. Buchenwald, in welchem während seines achtjährigen Bestehens 56.000 Personen umkamen“ – betont Tomasz Kranz. Man sollte jedoch nicht vergessen, daß die Anzahl der Opfer nur eine Vorstellung über das Ausmaß des Völkermordes gibt. Doch den maßlosen Schmerz, das Leiden der gemordeten Menschen in Majdanek gibt sie nicht wider.

Von der Redaktion: Die Enzyklopädie „Die Zeit“ aus dem Jahre 2005 gibt an, daß in Buchenwald 34.000 dem Namen nach bekannte und 9.000 namenslose Sterbefälle registriert wurden. Zusammen also 43.000.

Kranz betonte, daß das Lager Buchenwald 9 Jahre existierte. Zur Erklärung solte man hinzufügen, daß es 1937 unter dem Namen KZ Ettersberg angelegt wurde und zur Aufnahme von Hitlergegnern genutzt wurde.

In der gleichen Enzyklopädie, Band 9 aus dem Jahr 2005 wird angegeben, daß in Majdanek wenigstens 60.000 Personen starben, wobei es aber auch Zahlen gibt, die von 250.000 oder 300.000 Verstorbenen sprechen, in der Mehrzahl Juden. In den Jahren 1975-1981 verurteilte das Gericht in Düsseldorf das Personal des Lagers Majdanek.

Die gleiche Zeitung, „Gazeta Wyborcza“ vom 23.12. 2005 vermeldet: Auch in Auschwitz verifizierte man die Anzahl der Opfer.

- Über Jahre hinweg wurde angenommen, daß im KZ Auschwitz 4.000.000 Häftlinge umkamen. Diese Zahl geht auf die Festlegungen der sowjetischen Kommission zur Untersuchung der Naziverbrechen zurück, die sich auf Aussagen ehemaliger Häftlinge, Dokumentationsbruchteilen und Gutachten der Lagerreste stützte.

Der französische Wissenschaftler Georges Wellers, ehemaliger Häftling des KZ Auschwitz und Mitarbeiter des Zentrums Jüdischer Dokumentation in Paris, hat im Jahre 1983 aufgrund seiner Untersuchungen, u.a. der Deportationsdokumentation die Anzahl der nach Auschwitz verbrachten Menschen mit 1,6 Millionen beziffert. Davon verloren fast 1,5 Millionen ihr Leben.

Dr. Franziszek Piper, Leiter der Abteilung für historische Untersuchungen des Staatlichen Museums in Auschwitz hat ein Buch veröffentlicht: „Wieviele Menschen kamen im KZ Auschwitz um ihr Leben?“ Er schreibt, daß wenigstens 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz kamen, davon wurden 200.000 in andere Konzentrationslager im Inneren des III. Reiches gebracht, und der Rest, wenigstens 1,1 Millionen kamen an Ort und Stelle um.

Diese Veröffentlichung hat große Emotionen freigesetzt. Vor allem von Seiten der ehemaligen Häftlinge warf man mir vor, daß für meine Feststellungen keine Bestätigung in Dokumenten vorhanden ist. - Dagegen gab es keine Widersprüche bei keinem der Wissenschaftler, welche sich mit Untersuchungen des Holocaustes und der Geschichte des Lagers Auschwitz befassen.“

Von der Redaktion:

- Die Enzyklopädie „ Polska Encyklopedia Powszechna PWN“, wie auch die Enzyklopädie der „Gazeta Wyborcza“ aus dem Jahr 2005, schreiben, daß 7000 Personen durch die Sowjets befreit wurden.

- Die Zeitung "Israel Nachrichten" aus Tel Aviv schrieb am 17. Januar 1990, daß 30.000 Personen das Lager überlebt haben.

- Die deutsche Enzyklopädie „Die Zeit“, Band 1, Seite 470 schreibt, daß 60.000 Personen Auschwitz überlebt haben.

- Die jüdische Zeitung „Aufbau“, New York, erklärte ihren Lesern am 3.VIII.1990, unter Berufung auf Untersuchungen des Museums in Auschwitz, daß 223.000 das dortige KZ überlebt haben.

- Gerald Reitlinger berechnet in seinem Buch „Die Endlösung“ (Berlin, 1956), daß in Auschwitz ungefähr 1 Million Menschen starben.

- Nach Berechnungen von Fritjow Meyer, Redakteur des „Spiegel“ gibt es neue Zahlen. So sollen in Auschwitz 770.000 Menschen gestorben sein. Aber es gibt noch andere Rechnungen.

- Pressac, (Krematorien S.202), behauptet, daß in Auschwitz zwischen 631.000 und 711.000 Menschen starben, davon 470.000 bis 550.000 Juden.

- Langbein errechnet, daß in Auschwitz 510.000 der Gefangenen starben, davon kamen 356.000 in den Gaskammern um.

- Welt in Film (Wochenschau Nr. 137) vom 8.01.1948 berichtet, daß in Auschwitz 300.000 Personen starben.

„The New York Times” vom 3.03.1991 berichtet über 73.137 in Auschwitz Verstorbene, davon 38.031 Juden. (Hier wäre hinzuzufügen, daß der größere Teil des Kapitals dieser Zeitung sich in jüdischen Händen befindet.)

Die hier durch die Redaktion zusammengestellten Zahlenangaben sollen die Barberei nicht relativisieren. Sie sollen nur verdeutlichen, daß die Historiker immer noch an einer endgültigen Festlegung arbeiten.

1.10.2000