Wydanie/Ausgabe 131/04.04.2024

Heimat zu deuten, brachte uns Knirp­sen aus der IHa Herr Lehrer Nowak ganz einfach und für immer klar bei. „Da müsstet ihr euch auf dem Rathausturm neben den Wetterhahn setzen und sich mit ihm vom Wind herumdrehen lassen. Soweit da der Blick reicht, dort wo sich Himmel und Erde treffen, bis dort ist unsere Heimat“

Danach spickte jeder sei­nen Zirkel in die vor ihm liegende Land­karte von Schlesien, dort wo unsere Hei­matstadt Cosel O/S vermerkt war und setzte den Stift am weitesten Punkt an, der bei schönem Wetter von uns zu sehen war, die Bischofskoppe, und zog einen Kreis der über Oppeln, Gleiwitz nach Ratibor und zurück zur Koppe führte.

Nun wusste jeder Pfiffi aus unserer Klas­se wie es um unsere Heimat stand. Herr Lehrer Nowak erzählte uns über die Strassennamen und Menschen de­nen diese gewidmet waren. Da war ne­ben unserem Platz die Sieblerstrasse, nach einem Schomsteinfegermeister und Feuewehrkapitän genannt, der sich sehr während der Belagerung der Fe­stung Cosel durch die Truppen Napole­ons bewährte, bei der Brandbekämp­fung der durch den feindlichen Beschuss in der Stadt verursacht war.

Oder der Kremserplatz mit den schönen Grünan­lagen und den vielen Blumen, inmitten dessen der Springbrunnen und die Stein­skulpturen von ausgelassenen Kinder­figuren die ihr Spiel mit den Wasser­bogen trieben. Dieser war zum Geden­ken des Bürgermeisters eingerichtet, dem man die Stadt umsäumende schö­ne Promenade, von uns Glassis genannt, verdankte. Das waren nicht nur Namen, das waren Tummelplätze, wo wir unse­re Jugendstreiche spielten.

Und so verflochten sich Land, Leute, Geschichte und eigene Erlebnisse in ein Gewebe, in dem jeder Faden seine Bedeutung hatte. Das war eine unteil­bare Einheit, die zerfallen musste, wenn man ihr irgend ein Glied amputierte. Es wäre, als hätte man uns etwas ganz persönliches geraubt.

Das ist leider Gottes eingetreten. Was ist denn von der Heimat übrig­geblieben, wenn ihre Geschichte nur verstümmelt anerkannt ist und wo ei­nem die Beheimatung nicht unbedingt Glück bringen muss?

Nun bergen wir aus den Trümmern unserer geistigen Heimat was noch zu retten ist und versuchen sie einzurich­ten nach unserem Maß, nicht nur für uns, für unsere gesamte Mitbürger­schaft und wollen das Heimatgefühl um neue Dimensionen bereichern die zu uns mitgebracht wurden von ande­ren Leuten, so um allen die es nur mö­gen das Gefühl hier bemeimatet zu sein zukommen zu lassen.

Die polnische Sprache assimilierte in letzter Zeit viele mit Wissenschaft und Technikverbundenen Begriffe. Das Wort Heimat lässt sich nicht ins Polnische über­setzen, so wie es ein alter Schlonsak fühlt, wohl lässt es sich beschreiben.

Darum wollen wir es eben beschreiben um diese Sphäre geistig einzubürgern im heutigen Oberschlesien. Die Eichendorff-Hefte sollen beitra­gen dass wir uns hier wie eben daheim fühlen, alle, ich, Sie und viele andere.